Nackedeis, wohin man schaut

Nackt am Strand

Nackt am StrandFreiheitsdrang, Gruppenzwang, Widerstand? Welches die genauen Motive waren für das Phänomen des kollektiven Ausziehens vor der Wende, ist nicht geklärt. Klar ist aber, dass FKK in der DDR vor allem eines war: selbstverständlich. An Deutschlands Ostseeküste gibt es die meisten FKK-Strände des Landes. „Fast jede Gemeinde hat einen FKK-Strandabschnitt“, sagt Wolfgang Weinreich von Miramare Reisen, Spezialist für FKK-Reisen. Einer der ältesten Nacktbadestrände in Deutschland ist der Nordstrand in Prerow – früher „Mallorca der DDR“ genannt. Das Ostseebad zwischen Rostock und Stralsund auf dem Darß mit den vielen reetgedeckten Kapitänshäusern kann auf mehr als 50 Jahre FKK-Tradition zurückblicken. Auch heute ist der Ort beliebtes Urlaubsziel vieler Freikörperkultur-Freunde (www.ostseebad-prerow.de).

Ein Paradies für Nudisten: Auf der Insel Usedom hat die Freikörperkultur (FKK) schon zu DDR-Zeiten die Touristen angezogen. Den Trend zum Nacktsein gibt es schon lange: Im 18. Jahrhundert kam es in Mode, in Flüssen und Seen nackt zu baden. Der Adel aber parfümierte sich lieber.  Künstler wie Edouard Manet setzen das Thema des Nacktseins in der Natur in ihren Gemälden um: “Déjeuner sur l’herbe”, 1863. Ende des 19. Jahrhunderts entsteht der erste FKK-Verein, das “schwedisch Baden” wird im Raum Berlin und an der Nord- und Ostsee immer populärer. Und auch in England wird die Nacktheit zur Kultur.

1934 findet die erste Konferenz der Nacktkulturvereine Englands statt. Bereits 1920 entsteht auf Sylt der erste offizielle FKK-Strand. Doch nach der Machtergreifung Hitlers werden die meisten FKK-Vereine entweder aufgelöst oder zu Sportvereinen umgewandelt. In den 50er-Jahren gewinnt die Freikörperkultur wieder an Schwung. Die Vereine haben einen starken Zulauf. Besonders in Ostdeutschland wird die Nacktheit kultiviert. Am Müggelsee in Ost-Berlin treffen sich 1986 bei sonnigem Wetter Tausende zum Nacktbaden.

Anlässlich der 750-Jahrfeier in Berlin fahren Nudisten im Sommer 1987 auf der Müggelspree. Nudismus leitet sich vom lateinischen Wort “nudus” ab, was “nackt” bedeutet. Es ist ein anderer Begriff für die Freikörperkultur – auch Naturismus genannt.  Die Anhänger suchen die Nähe zur Natur. In Freizeitparks der DDR gibt es zum Sonnenbaden einen speziellen FKK-Bereich.

Die Nacktheit der FKK’ler steht nicht für Sexualität, sondern für die reine Verbindung des Körpers mit der Natur. Der nackte Körper soll kein Grund für Scham sein. Nudismus am Strand wird in den 80er- und 90er-Jahren immer “normaler”. Das führt jedoch dazu, dass die FKK-Vereine an Zulauf verlieren, denn es braucht keine gesonderte Gruppe mehr, um die Kleider abzulegen. Nackte Proteste gibt es in Spanien gegen die Abschaffung eines Nudistenstrandes. Polizisten versuchen, die Nackten aufzuhalten. Anwohner hatten sich gegen das FKK-Baden gewehrt. Nach der Wiedervereinigung gibt es einzelne Proteste von West-Touristen. Die FKK-Strände werden weiter zurückgedrängt und spezielle Textilstrände eingerichtet – wie hier auf Rügen. So können die von Einheimischen als prüde verschrienen Wessis die Hosen anlassen.

Nacktsein aus Überzeugung: Eingefleischte Nudisten lassen selbst bei der Hochzeit Brautkleid und Smoking zuhause. Öffentliche Nacktheit wird in Deutschland häufig mit einem Ordnungs-Bußgeld belegt. In Skandinavien und Spanien ist es hingegen explizit erlaubt. Freizeitvergnügen mal anders: Nackt-Shoppen in Melbourne, Nackt-Golfen auf Malaga,  Nackt-Skilaufen in Tschechien oder nacktes Eisbaden auf der Insel Usedom: ein Winterspektakel für besonders Hartgesottene – bei Außentemperaturen um den Gefrierpunkt. Die Nudisten kämpfen in Deutschland weiter, das Nacktsein im gesamten öffentlichen Raum zu legalisieren. Bis dieses Ziel erreicht ist, gehen sie selbst mit gutem Beispiel voran.


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